Thüringer Wildkatze lebt jetzt in Nordrhein-Westfalen

Glück im Unglück

Eine im letzten Jahr beim NABU Thüringen gemeldete Wildkatze, die bei Kaulsdorf verletzt gefunden wurde, konnte wieder in die Freiheit entlassen werden. Die kleine Katze wurde in der Vogelpflegestation für Greifvögel und Eulen „Essenthoer Mühle e.V.“ in Nordrhein-Westfalen aufgepäppelt und ausgewildert. Der NABU Thüringen weist aber ausdrücklich darauf hin, dass junge Wildkatzen grundsätzlich nicht mitgenommen werden sollen. Nur wenn es Hinweise auf eine akute Bedrohung gibt, ist Hilfe notwendig.

09. Mai 2022 - Am 31. Oktober 2021 kam es auf der Bundesstraße B 85 zwischen Kaulsdorf und Hockeroda, östlich der Hohenwartetalsperre, zu einer leichten Kollision zwischen einem PKW und einer augenscheinlich sehr jungen Wildkatze. „Als wir davon erfuhren, versuchten wir zuerst den Umfang der Verletzungen und eine mögliche Versorgung des Katzenjungen abzuklären“, sagt Silvester Tamás vom NABU Thüringen. Ein Tierarztbesuch am darauf folgenden Tag ergab, dass es sich tatsächlich um ein 3 bis 4 Wochen altes Wildkatzenjunges handelt. Welche Umstände dazu führten, dass ein noch sehr junges Wildkätzchen auf der Bundesstraße unterwegs war, konnte nicht geklärt werden. Die Wildkatze war allerdings deutlich zu jung, um nach der tierärztlichen Versorgung, eigenständig überleben zu können.

„Das größte Problem war, eine geeignete Stelle für die nachträgliche Versorgung des Tieres zu finden“, berichtet Silvester Tamás. „Die geringfügigen Kapazitäten in Thüringen waren erschöpft. Über den Bärenpark Worbis konnte letztlich ein geeigneter Platz in der Vogelpflegestation für Greifvögel und Eulen „Essenthoer Mühle e.V.“ in Nordrhein-Westfalen vermittelt werden. Die Pflegestation hat Erfahrungen im Umgang und in der Pflege mit jungen verwaisten Fundwildkatzen. Es sind die entsprechenden Gehege und geschultes Personal vorhanden.“
Anna Reichel von der Essenthoer Mühle e.V sagt: „Durch die gute Pflege hat sich das Wildkätzchen prächtig entwickelt und bringt mittlerweile 6,5 Kilogramm auf die Waage. Anfang Mai war es so weit und wir konnten das Tier in den Waldgebieten südöstlich von Paderborn in die Freiheit entlassen. Eine genetische Untersuchung bestätigte, dass es sich eindeutig um einen Wildkatzenkuder handelt.“ Ein Rücktransport der Wildkatze nach Thüringen kam für alle Beteiligten nicht in Frage. Der Transport wäre mit zu großen Risiken und Stressfaktoren verbunden gewesen. „Für unsere Arbeit im Wildkatzenschutz zeigt sich, dass die enge und länderübergreifende Kooperation von ehrenamtlich engagierten Kräften wichtig ist. Leider bestehen in Thüringen bislang noch keine öffentlich geregelten Strukturen, sich um vergleichbare Fälle zu kümmern“, so Silvester Tamás.

Zuletzt hat der NABU in Kooperation mit dem Bärenpark Worbis am 01. Oktober 2021 und Anfang Mai 2022 zwei verwaiste Fundwildkatzen erfolgreich in Thüringen zurück in die Freiheit entlassen können.

Junge Wildkatzen im Wald belassen
Der NABU Thüringen weist ausdrücklich darauf hin, dass junge Wildkatzen grundsätzlich nicht mitzunehmen sind. Leider kommt es gerade im Frühling immer wieder vor, dass junge Wildkatzen im Wald aufgelesen werden. Die oft besorgten Finderinnen und Finder nehmen an, es handele sich um ausgesetzte junge Hauskatzen. Derartige Fälle sind besonders tragisch, weil Wildkatzenmütter ihren Nachwuchs durchaus alleine zurücklassen, um auf Beutefang zu gehen. Wenn die Wildkatzenmütter dann zurückkehren, ist der Nachwuchs verloren. Nur wenn sich Hinweise auf eine akute Bedrohungslage für Wildkatzen ergeben, sollten sich die Beobachterinnen und Beobachter umgehend an den NABU wenden.