Lebensraum Wald
Wälder liefern nicht nur den wertvollen Rohstoff Holz, sondern sind auch Lebensraum für unzählige Tier-, Pilz- und Pflanzenarten. Mehr →
25. Juli 2022 – Am vergangenen Samstag, dem 23.07. sprach sich während eines Vor-Ort-Termins ein breites Bündnis aus regionalen Gruppen des BUND und NABU, Fridays for Future sowie Parents for Future und Waldbesitzer*innen geschlossen gegen die Pläne der Dyckerhoff GmbH aus. Zur Erweiterung des Kalksteintagesbaus will das Unternehmen in Deuna eine gut 78 Hektar große Waldfläche roden. Gerade in Zeiten von Klimaaufheizung und Wasserknappheit sei es, dem Bündnis zufolge, nicht vertretbar, großflächig wertvolle Buchenwälder zugunsten einer klimaschädlichen Zementproduktion zu opfern.
„Temperaturen um die 40 Grad Celsius und Wassermangel machen nicht nur Mensch und Tier zu schaffen. Gerade die Wälder in Thüringen stehen zunehmend unter Druck und reagieren mit dem Absterben ganzer Flächen“, erklärt Johannes Hager, Vorsitzender des NABU Obereichsfeld. „Statt die verbleibenden Bäume zu schützen, plant Dyckerhoff jetzt mitten in der Klimakrise, gut 78 Hektar gesunde und vor allem wertvolle Buchenwälder zu roden. Der Tagebau gräbt sich bereits jetzt tief in den Boden des Waldes und hat erhebliche Auswirkungen auf den Wasserhaushalt sowie das Lokal- und Mikroklima des umliegenden Waldgebietes. Wir erwarten durch die Ausdehnung des Tagebaus eine erhebliche Verschlechterung der Situation.“
Das Unternehmen plant das Tagebaugelände von bisher 144 Hektar um gut 78 Hektar zu erweitern. Im Frühjahr legte es die entsprechenden Antragsunterlagen aus. Das geplante Erweiterungsgebiet liegt auf dem Waldhöhenzug Dün, am nördlichen Rand des Thüringer Beckens. In unmittelbarer Nähe der geplanten Tagebauerweiterung grenzt das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH) und das Naturschutzgebiet „NSG-Keulaer Wald“. Dort sind nach Angaben der Verbände mindestens 11 Fledermausarten beheimatet und auch wandernde Tierarten wie Luchs und Wildkatze nutzen den Dün als einen überregional bedeutsamen Wanderkorridor und Trittstein. Auch die touristische Attraktivität würde unter einem solchen Eingriff leiden, befürchtet das Bündnis, Fernwanderwege würden zerschnitten, Ausflugsziele wie z.B. das „Rondell“ wären von Zaunröden aus nicht mehr erreichbar.
Ein großer Teil der Erweiterung soll auf Flächen der Waldgenossenschaft Keula stattfinden. „Seit der letzten Bundeswaldinventur 2012 hat sich die Kahlfläche in Thüringens Wäldern durch den Klimawandel und dessen Folgen mit einem Anstiegt von 2 Prozent auf 11 Prozent bereits mehr als verfünffacht“, ergänzt Holger Göcke, Vorsitzender der Waldgenossenschaft Keula. „In Thüringen liegt der Anteil gesunder Bäume laut dem letzten Waldzustandsbericht nur noch bei knapp 20 Prozent, der Rest weist leichte bis schwere Vitalitätsverluste auf. Deshalb hat sich die Landesregierung das Thema ‚Waldumbau‘ auf die Fahnen geschrieben.“ Auf ihren Waldflächen gehe die Waldgenossenschaft bereits seit Jahrhunderten mit gutem Beispiel voran, indem sie auf die naturverträglichste Art der Waldbewirtschaftung – den Plenterbetrieb – setzt. „Student*innen kommen aus ganz Deutschland, um von uns zu lernen, haben hier ihre eigene Versuchsfläche im Forst. Und nun soll dieser Vorzeigewald wirtschaftlichen Interessen geopfert werden? Gerade um die Ziele der Klimaneutralität zu erreichen, wird der nachwachsende Rohstoff Holz in Zukunft im Bausektor unerlässlich sein.“
Alle an dem Vororttermin anwesenden Verbände appellieren an das Thüringer Landesamt für Umwelt, Bergbau und Naturschutz, die Umweltverträglichkeit des Vorhabens und die Auswirkungen auf das angrenzende FFH-Gebiet kritisch zu prüfen. Auch die bisherigen Ausgleichsmaßnahmen der Dyckerhoff GmbH und die Renaturierung der bislang genutzten Flächen müssten auf den Prüfstand. Gerade die Wiederherstellung von gerodeten Waldstrukturen sei kaum möglich.
Die Dyckerhoff GmbH plant auf den gut 78 Hektar Waldfläche den Abbau von Kalkstein für die Zementproduktion zu intensivieren. „Kalkstein ist wie all unsere Ressourcen endlich. Eine Erweiterung des Tagebaus wird dieses Problem nicht lösen, ist jedoch mit einem völlig unnötigen, aber außerordentlich schwerwiegenden Eingriff in die noch intakte Natur verbunden“, so Eli Sondermann vom BUND Eichsfeld. „Statt den Kalksteinabbau zu Lasten der Natur weiter auszubauen und die Zerstörung wertvoller Naturräume in Kauf zu nehmen, sollte Dyckerhoff in die Kreislauffähigkeit seiner Produkte investieren und damit in die Zukunft der Region.“ Laut Zahlen des Umweltbundesamtes aus 2018 weisen Bauabfälle zwar überwiegend hohe Verwertungsquoten von über 90 % auf. Mehr als die Hälfte der Recyclingbaustoffe wird jedoch niederwertigen Verwertungsmaßnahmen wie dem Straßenbau zugeführt. Weniger als ein Viertel wird wieder als Zuschlag für neuen Beton verwendet. „Wir müssen endlich aufhören, nachwachsende Rohstoffe wie Holz und deren Standorte zu zerstören, um nicht nachwachsende Rohstoffe, wie Kalkstein, zu gewinnen.”
Beteiligt sind: regionalen Gruppen des BUND und NABU, Waldbesitzerverbandes für Thüringen, Fridays for Future, Parents for Future, und weitere Waldbesitzer*innen
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