Für gute Luft, sauberes Wasser, gesunde Böden und Vielfalt der Natur.
Helfen Sie da, wo uns die Natur dringend braucht.
Bauernverband verschließt die Augen vor Artenschwund in der Agrarlandschaft
NABU Thüringen fordert Umsteuern in der Landwirtschaftspolitik
Der NABU Thüringen reagiert mit Unverständnis auf die jüngste Reaktion des Thüringer Bauernverbandes auf eine Pressemitteilung des Thüringer Umweltministeriums. In dieser hatte das Ministerium völlig zu Recht und mit konkreten Fakten auf die tiefgreifenden Auswirkungen der industrialisierten Landbewirtschaftung auf die Artenvielfalt hingewiesen. Laut NABU verschließt der Thüringer Bauernverband mit seiner Pressemitteilung die Augen vor dem unbestreitbaren Artenschwund in der Agrarlandschaft.
„Die Industrialisierung der Landwirtschaft hat dazu geführt, das auf weiten Teilen der landwirtschaftlich genutzten Fläche kaum noch Hecken und Baumreihen vorhanden sowie Bäche und Flüsse begradigt, eingetieft und arm an ökologischen Nischen sind. Die Bezeichnung Kulturlandschaft ist in einigen Teilen Thüringens schon kaum noch angemessen“, sagt Martin Schmidt, der stellvertretende Landesvorsitzende des NABU Thüringen. „In zahlreichen Studien ist nachgewiesen, dass eine strukturarme Landschaft in Verbindung mit dem weiterhin umfangreichen Einsatz von Düngern und Pestiziden sowie der anhaltenden Verengung der Fruchtfolge auf wenige Nutzpflanzen zu einem massiven Rückgang der Artenzahl aber auch der Anzahl der Individuen geführt hat.“
Die alarmierenden Zahlen zum Beispiel zum Verlust von Vögeln, die vor allem in der Agrarlandschaft leben, wurden bereits in einer im August 2016 veröffentlichten Studie „Tracking Progress Towards EU Biodiversity Strategy Targets: EU Policy Effects in Preserving its Common Farmland Birds“ bekannt. Sie zeigt, dass die EU mit ihrer Vogelschutzrichtlinie und ihren Agrarumweltprogrammen zwar einen wichtigen Beitrag zum Erhalt vieler Vogelarten auf Feldern und Wiesen leistet, den dramatischen Artenschwund aber nicht umkehren kann. Hauptursache dafür ist eine durch die EU-Agrarförderung immer intensiver werdende Landwirtschaft, bei der die Förderung größtenteils nach dem Gießkannenprinzip mittels pauschaler Flächenprämien ohne konkrete Natur- und Umweltleistungen für die Gesellschaft erfolgt. „Zurzeit werden mit den sogenannten Direktzahlungen in großem Umfang Steuergelder an die Landwirtschaft ausgereicht, ohne dass damit besondere Anforderungen verbunden sind. Das bedeutet die Betriebe bekommen alleine dafür Geld, dass sie sich an die geltenden Rechtsnormen wie das Wassergesetz und die Düngemittelverordnung halten“, erklärt Martin Schmidt. Diese Art der Fördermittelausgabe ohne gesellschaftlichen Mehrwert hält der NABU für nicht mehr zeitgemäß. Dass sich etwas ändern muss, zeigt auch die am 2. Mai 2017 beendete Bürgerbefragung der EU-Kommission zur künftigen Agrarpolitik. Mehr als 320.000 Menschen haben daran teilgenommen und verlangen einen grundsätzlichen Wandel der EU-Agrarpolitik hin zu einer verantwortungsbewussten, fairen, nachhaltigen und gesunden Landwirtschaft für Mensch und Natur. Agrarsubventionen müssen in Zukunft naturverträglich verteilt werden.
Gerade der Bauerverband sträubt sich gegen dringend notwendige Veränderungen, wie eine ökologische Umgestaltung der Agrarförderung oder die Einführung ungenutzter Uferstreifen an Gewässern. „Wir können es uns als Gesellschaft nicht mehr leisten, Steuergelder für umweltschädliche Landnutzungsformen auszugeben“, so Martin Schmidt der stellvertretende NABU-Landesvorsitzende. Zu solchen schädlichen Nutzungen zählen die Naturschützer die Ackernutzung in den Gewässerauen oder die großflächige Anwendung von Totalherbiziden wie Glyphosat. Dennoch sieht der NABU die Landwirte als wichtige Partner bei der Erhaltung der Artenvielfalt. Dazu muss die Agrarförderung aber so umgestaltet werden, dass diejenigen Landwirte belohnt werden, die Blühstreifen anlegen, Wiesen und Weiden extensiv bewirtschaften, Trockenrasen mit Schafen beweiden oder in anderer Weise Flächen so nutzen, dass sie auch den Anforderungen von Natur- und Umweltschutz gerecht werden.